Flatterulme (Ulmus leavis)
Die Flatterulme (Rüster) ist Baum des Jahres 2019.
Die Stiftung Baum des Jahres hat die Flatterulme (Ulmus leavis) zum Baum des Jahres 2019 ernannt. Der auch Rüster genannte Baum ist eine selten gewordene Baumart in Deutschland. Die Flatterulme wächst gern an Flüssen und in Auwäldern und verlor einen Großteil ihres Lebensraumes durch begradigte Flussläufe und trockengelegte Feuchtgebiete. In den vergangenen Jahren ist die wenig bekannte Baumart verstärkt in den Fokus gerückt, da sie deutlich widerstandsfähiger gegenüber dem Ulmensterben ist.
Die tapfere Ulme
Flatterulme (Ulmus leavis) Foto: Andreas_Roloff
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Die anderen heimischen Ulmenarten, Bergulme und Feldulme, stehen durch das Ulmensterben am Rande des Aussterbens. Die Flatterulme dagegen hat das Potential zum „Rettungsfloß“ für an Ulmen als Lebensraum angewiesene Arten heranzuwachsen. Über die vergangenen Jahrtausende bewährte sich die Baumart gegenüber veränderten Klimabedingungen. Experten trauen ihr mit Blick auf die zu erwartenden Klimaveränderungen der nächsten Jahrzehnte eine wichtige Rolle beim Artenschutz und auch als Stadtbaum zu.
Schirmherr für den Baum des Jahres 2019 ist die Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft Julia Klöckner.
Die neue Deutsche Baumkönigin ist 2019 Caroline Hensel. Sie hilft bei Pflanzungen des Baum des Jahres und informiert über die Flatterulme.
Die Biologie der Flatterulme
Der bis zu 35 Meter hohe Baum wächst in Mitteleuropa mit einem Schwerpunkt in den östlichen und nordöstlichen Regionen. Als gewässerbegleitende und Auwald Baumart bevorzugt die Flatterulme feuchte Standorte, verträgt aber auch trockenere Standorte. Sie ist weniger anspruchsvoll als die Bergulme, die Böden auf denen sie wächst, sollten dennoch nährstoff- und basenreich sein. Ihre Vorliebe für warme Standorte ist ein Vorteil bei den steigenden Temperaturen im Klimawandel. Trotz ihrer guten Frosthärte ist die Baumart selten in höheren Lagen zu finden.
Charakteristisch sind die am Grund asymmetrischen Blätter, die bis zu zwölf Zentimeter lang und sieben Zentimeter breit sind. Der Rand ist doppelt gesägt und die weiche Unterseite der Blätter stark behaart. Die Flatterulme ist ein Frühblüher. Ihre circa ein Zentimeter langen Blüten sind unscheinbar und blühen im März. Unter guten Bedingungen erreichen Flatterulmen ein Alter von bis zu 250 Jahren und mit etwas Glück auch ein paar Jahrzehnte mehr.
Die Krone der Flatterulme ist locker und die Rinde graubraun und längsrissig. Oft sind die Stämme von zahlreichen Stockausschlägen umgeben. Diese sterben zwar schnell ab, treiben aber jedes Jahr erneut aus. Dass die Flatterulme Überflutungen von bis zu 100 Tagen verträgt, verdankt sie auch ihren Brettwurzeln. Diese besondere Wurzelform ist typisch für Bäume des Regenwaldes und nur bei wenigen heimischen Bäumen zu beobachten.
Die Flatterulme als Stadtbaum
Regional steht die Baumart auf der Roten Liste der bedrohten Arten, da ihre Lebensräume in den letzten Jahrhunderten schrumpften. Auch als Stadtbaum ist die Baumart wenig gefragt. Dabei zeigen Untersuchungen, dass die Flatterulme durchaus als Stadtbaum ihren Teil zu einem artenreicheren und klimastabilen Stadtgrün beitragen kann. Sie verträgt das raue Stadtklima vergleichsweise gut und zeigt selten Vitalitätsprobleme.
Beobachtungen der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft zeigen, dass die Flatterulme wenig zu Ast- oder Kronenbrüchen neigt. Auch Sturmschäden sind dank ihres zähen und robusten Holzes selten. Gerade Parks oder von Wasser geprägte Stadtareale sind durchaus interessante Standorte für die Flatterulme.
Nach Jahrhunderten der Lebensraumzerstörung ist es Zeit, die Flatterulme neu ins Bewusstsein von Städteplanern und Forstleuten zu holen.
Flatterulme (Ulmus leavis) Foto: Andreas_Roloff
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Ulmensterben
Seit circa 100 Jahren dezimiert die Holländische Ulmenkrankheit die heimischen Ulmenbestände. Die Flatterulme ist glücklicherweise weniger durch das Ulmensterben bedroht als die anderen Ulmenarten. Dank ihrer Rindstruktur und den Rindenstoffen ist der Flatterulme weniger attraktiv für den Kleinen und Großen Ulmensplintkäfer. Die beiden Arten bohren sich bis zum Holz der Ulmen vor und übertragen den Pilz, der für das Ulmensterben verantwortlich ist. Darüber hinaus verfügt die Flatterulme über eine gewisse Resistenz gegenüber dem gefährlichen Schlauchpilz.
Bei den anderen Ulmenarten breitet sich der Pilz über die Kanäle die beim Reifungsfraß der Käfer entstehen, in die Gefäße des Baumes aus. Er produziert ein Welketoxin das langsam den Baum absterben lässt. Nach vielen Versuchen und jahrzehntelangen Forschungen gibt es keine Hilfe für vom Ulmensterben betroffene Bäume. Auch die weitere Ausbreitung ist kaum aufzuhalten. Dennoch sollten Baumpfleger beim Umgang mit den Bäumen ihre Werkzeuge desinfizieren um eine direkte Ausbreitung des Pilzes zu unterbinden.
Alte und riesige Flatterulme
Mächtige und legendäre Ulmen waren lange Zeiten überregional bekannt. Mit dem Ulmensterben sind viele dieser Ulmen verloren gegangen. Denn sei es Lutherulme oder Uhlandulme, sie alle waren Berg- oder Feldulmen und stehen nicht mehr. Die letzten verbleibenden mächtigen Ulmen sind heute oft die kleineren Flatterulmen. Eine dieser einzigartigen Ulmen ist die knochige Ulme in Nindorf, die seit Jahrhunderten am Eingang eines Bauernhofs steht.
Weiter führende Informationen: Stiftung Baum des Jahres: www.Baum-des-jahres.de
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